Ein schwieriges Thema für eine kleine Beratung und ihren wöchentlichen Newsletter. Aber wie sagt man in Norddeutschland so passend: „Wat mut, dat mut“. Aber muss es wirklich?
Muss man über Selbstüberschätzung und Hybris in den Chefetagen sprechen? Das sind doch alles potenzielle Kunden, ist es nicht besser, einfach nichts zu sagen?
Diagnose Größenwahn: Manager stolpern oft über ihr großes Ego
Nein, ist es nicht, weil es faktisch unterlassener Hilfeleistung gleichkommt. Der Manager ist ja nicht von Geburt an mit dieser Einschätzung geboren. Er wird dazu im Laufe der Jahre. Desto länger er an der Macht ist, desto mehr wird es ein Teil von ihm. Es ist nebenbei völlig egal, ob es Politiker sind, Top-Manager oder sehr erfolgreiche Stars ihres Handwerks. Langsam und ohne wirkliche Sichtbarkeit verändert sich das Biotop, in dem man lebt. Hier die vielen Helferchen, die geflissentlich die Wünsche aufnehmen, dort die nachfolgende Ebene, die sich Karriereschritte erhofft und natürlich die Mitarbeiter, die vom Inhaber der Macht eingestellt wurden. So entsteht mit der Zeit ein schicker kleiner Hofstaat, egal ob man das möchte oder nicht. Dieser Hofstaat, in anderen Branchen auch Entourage genannt, gibt sich als Hauptaufgabe, den Chef zu schützen. Ein besonders bedrückendes Beispiel ist der Wirecard-Fall, hier waren wohl über 250 Mitarbeiter des „Hofstaates“ informiert. Der Schaden direkt für die Anleger und indirekt für ein ganzes Land ist noch nicht zu beziffern.
“Handelsblatt”: Bei Wirecard kannten mehr als 250 Mitarbeiter*innen die gefälschten Zahlen.
Der Rest ergibt sich von selber. Hier die Lounge wo man unter seinesgleichen ist, hier der Club, Verband mit den Menschen aus der gleichen Liga, Wohnadresse, Restaurants etc., nach und nach entsteht ein Kosmos, der sich zu seiner eigenen Realität entwickelt.
Tja, und dann noch wir von der Beraterzunft, weit genug oben entscheidet der Mensch über ansehnliche Etats, mit denen kann man schicke Strategien entscheiden, Unternehmenskäufe und Verkäufe organisieren, eben das ganz große Geld machen. Der Kreis ist geschlossen.
Jetzt, wo durch die neuen Wirklichkeiten bei vielen diese Welt ins Wanken gerät, man Staatshilfe braucht in Form von Kurzarbeitergeld, Zuschüssen oder sogar Beteiligungen, man sich neu orientiert und aufstellt, sieht diese Welt zu oft erschreckend alt aus.
Wir glauben und haben oft genug erlebt, dass wir fast behaupten können, dass es ein Wundermittel dagegen gibt. Den guten alten Hofnarren.
Er bekam im Mittealter Straffreiheit für die Kritik am König und seinem Hofstaat. Wenn er gut war, dann konnte er seine Kritik unterhaltsam verpacken und blieb damit anschlussfähig an den ihn beauftragenden Thron. Dieses Berufsbild hat unzähligen Kunden den Kopf gerettet. Sein Markenzeichen. Chronisch unterschätzt. Im Gegensatz zum Auftraggeber, der chronisch überschätzt wurde.
Dieses Wundermittel hilft auch heute noch, es wird dringender denn je gebraucht. Ein Teil des riesigen Coaching Marktes deckt dies ab, einige Berater tun dies, aber auch die Mitarbeiter im Haus können es, wenn man das Klima dafür schafft und ihnen Straffreiheit gibt. Betriebsräte sollten dies als Teil ihrer Arbeitsplatzbeschreibung haben (da fehlt nur leider sehr oft der Unterhaltungswert, aber das ist ein anderes Thema). Wir von Ribbon nennen das nebenbei immer noch eine Selbstverständlichkeit. Denn wir haben ein Herz für Hofnarren und wissen, wie dringend sie gebraucht werden.