Aus den zerstreuten Gedanken des neuen, jungen und soziologisch angehauchten Ribbon-Familienmitglieds. Damit auch unser Netzwerk einen Einblick bekommt, wie sich das Leben im Hamburger Büro seit Januar 2020 verändert hat. Kleiner Hinweis, auch ohne Corona wäre das Ribbon Leben seither etwas verrückt…
Heute das erste Mal seit ca. 2 Wochen wieder ins Büro gefahren und die Welt da draußen gesehen. Fazit: Ich bin offensichtlich seltsam geworden.
1. Die „Weltdadraußen“-Kleidung (Jacke, Jeans, Pulli) passt nicht mehr.
2. Meine Bürokleidung (Jogginghose, selber Pulli) passt eindeutig besser.
3. Immer noch erstaunlich viele Menschen mit der S-Bahn unterwegs. Meine innere Zwangsneurose fand Menschen früher seltsam, weil es zu viele waren. Heute finde ich sie seltsam, weil mein mit Corona dauerbeschalltes Mediengehirn und mein seit 14 Tagen zurückgezogenes Leben mir eintrichtern, dass die bestimmt ALLE KRANK sind (was das wohl sozialisatorisch mit uns macht, dazu mehr in einem nächsten Ticker).
4. Frische Luft riecht sauer.
5. Ich kaufe belegte Weckle (badischer Slang) – was ich grundsätzlich schon überteuert finde, da ich Käse, Gurke und Brötchen selbst kaufen und belegen kann – am Bahnhof, bei einem aufgrund des Standorts sowieso schon überteuerten Bäcker.
Grund: Saure Luft macht hungrig, weniger Menschen ermöglichen freie Sicht auf die lecker aussehende Auslage, Panik gesteuerte Gehirnarbeit während der S-Bahn-Fahrt hat Kalorien gekostet.
7. In letzter Zeit mein Handy sehr wenig in Benutzung gehabt. Entdecke Schreibfehler von vor 3 Tagen. Ja, ich lese meine eigens formulierten und gesendeten Nachrichten noch mal.
8. Punkt 6. vergessen.
9. Ich höre übrigens auch meine Sprachnachrichten erneut ab. Mein Versuch, ein interessiertes Gespräch mit mir selbst zu imitieren funktioniert recht gut, bis mich einer der 8 anwesenden Fahrgäste seltsam beäugt. Zustimmendes Nicken an Gedanke Nr. 3 – es sind immer noch zu viele Menschen unterwegs.
10. Es gibt Tage, da packt mich der Lagerkoller. Es gibt Tage, da mache ich mir etwas Sorgen um die Zukunft. Es gibt aber auch Tage wie diese, da liebe ich die Freiheit in meinem Kopf, die mich diese Gedanken spinnen lässt.
Autor: Leah Marzloff