… werde ich am Montagmorgen im Büro gefragt, um wieder gedanklich mit den Kollegen und Kolleginnen in die Arbeitswoche einzutauchen. Jedes Mal halte ich kurz inne, bis ich die 895 Schubladen in meinem Kopf aufgezogen habe, um danach zu suchen, was ich denn überhaupt an diesem Wochenende so gemacht habe. Dem ein oder anderen wird das vielleicht bekannt vorkommen, dass man aus der Fülle des Erlebten nicht auf Anhieb filtern kann, wann man eigentlich was gemacht hat. „War es diesen oder letzten Samstag, als ich mir dieses unglaublich leckere Vesper (badisches Lunchpaket) zum Wandern gerichtet habe? Oder hatte ich dieses Wochenende nicht Besuch von meinen lange nicht gesehenen Freunden? Mmh, Moment mal, diese Woche bin ich doch von Mittwoch bis Sonntag außer Haus unterwegs, dann muss ich wohl einen Berg voll Wäsche gewaschen haben?“ In Zeiten des Homeoffice, lässt sich meine suchende Irritation in den Unweiten meines Gehirns natürlich auch ganz wunderbar per full HD Videotelefonie beobachten.

Die Subjektivität der Zeitgeschwindigkeit

Die von uns erschaffene Schnelllebigkeit der Zeit ist es, die unsere Erinnerungen an das Erlebte verschwimmen lässt. Im Folgeschluss fühlt es sich so an, als ob die Zeit rasen würde. Gefühlt ist es nur einen Wimpernschlag her, dass ich die Adventskalender für das letzte Weihnachtsfest bastelte. Gefühlt war es auch maximal erst vorgestern, als ich meinen 18. Geburtstag feierte und dachte, ich sei mit diesem Tag erwachsen geworden – das mit dem Erwachsen sein hat bis heute immer noch nicht so richtig funktioniert, wie auch, es war ja auch erst vorgestern. So ist es heute auch kaum, ohne ein kurzes Innehalten, zu realisieren, dass ich bereits vor über einem Jahr die Entscheidung traf, meinen Job zu kündigen, um bei Ribbon meinen neuen Lebensweg zu beschreiten. Wie schön, wenn man das vergangene Jahr dann noch einmal Revue passieren lassen kann. Und wie praktisch, wenn dieser Rückblick auf eine DIN A4 Seite passt.

Der Gin und die Liebe zu gutem Essen lockten mich

Mein Lebenslauf ist von so einigen zufällig geschehenen Ambivalenzen geprägt: Realschulabschluss auf einer katholischen Mädchen-Realschule, danach Abitur an einem technischen, männlich dominierten, Gymnasium, im Anschluss ein Soziologiestudium, was mich nach erfolgreichem Absolvieren halb versehentlich in die Energiebranche brachte. Der Zufall brachte mich 2019 auch mit Ribbon in Kontakt. Ich arbeitete gerade für einen nachhaltigen und ökologischen Energieversorger im Mittelstand, in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. In Zeiten des Pariser Klimaabkommens und „Fridays for Future“, stehen die Chancen eines auf lange Sicht sehr sicheren Arbeitsverhältnisses in dieser „grünen“ Energiebranche sehr gut. Zusätzlich erhielt ich gerade die Zusage über einen Master im Energiemanagement, womit ich meine berufliche Zukunft nahezu dingfest machte, als ich im September zeitgleich das Jobangebot von Ribbon bekam. Selbstverständlich lag ich eine Nacht zuhause und grübelte, über die Pros und Contras, über die Chancen und Risiken und über das Verlassen meiner Komfortzone, in der ich doch gerade alles so schön aufgebaut hatte. Doch die Entscheidung war keine Kopfentscheidung, die Entscheidung war tief im Inneren schon vorher klar. Wenn nicht jetzt, wann dann. Zugegeben, die mehr als übereinstimmenden Konsumvorlieben, die Ribbon so symphytisch auf ihrer Homepage preisgibt, haben das sogenannte i-Tüpfelchen ausgemacht.

Ein Jahr, wie kein anderes

Weder zum Zeitpunkt meiner Kündigung noch mit Arbeitsbeginn bei Ribbon, hatte ich nur einen Gedanken an die Zukunftssicherheit und Beständigkeit meines Jobs vertan. Nicht im Ansatz hätte man eine Pandemie vorausahnen können. So sind von Schlag auf Tag Aufträge weggebrochen, die logische Schlussfolgerung war da natürlich Kurzarbeit (die dann im Sommer glücklicherweise schon wieder vorbei war). Wo ich vorher tief in der Planung zweier Projekte im Veranstaltungssegment steckte, war ein Tag später nur noch nichts oder sogar die rechtlichen Rückabwicklungen übrig geblieben. Es galt, sich völlig neu aufzustellen, und das am besten nicht erst morgen, sondern eigentlich schon gestern. Nie zuvor war von mir so viel Kreativität noch aktives Einbringen gefordert, geschweige denn hatte ich bisher überhaupt die Möglichkeit, mich so tief einzubringen, Verantwortung zu übernehmen und an mir zu wachsen. Zu sehr waren meine bisherigen Stellen von wachsenden Konzernstrukturen geprägt, die nicht viele Aktivitäten außerhalb des Tellerrands forderten. Selbstverständlich gab es Momente, in denen ich Zweifel über die Richtigkeit meiner Entscheidung hatte. Es wäre nahezu lächerlich, wenn ich das einfach verheimlichen würde. Doch halte ich heute einen Moment inne, lasse das Jahr Revue passieren und gehe Schritt für Schritt die Monate durch, dann muss ich sagen, ich habe noch nie so sehr zu mir selbst gefunden, wie jetzt. Da sind die Aufs und Abs, die mir beibringen, wirklich alles aus mehreren Blickwinkeln zu sehen. Da sind die Beratungsprojekte, in denen ich realisiere, dass mein Grundstudium ganz wunderbar zu mir passte und dass das eine sehr prägende Zeit für mich war. Da sind die Managementprojekte, die mich den schmalen Grat zwischen menschlichem Feingefühl bei gleichzeitig harter Strukturiertheit lehren. Da sind die tollen Menschen, die aus den Projekten hervorgehen, wie zum Beispiel von Meer bewegen e.V., mit denen wir trotz des gescheiterten Großprojektes nach wie vor pro Bono zusammenarbeiten. Da ist die Ribbon Familie samt Netzwerk, die mir in einem durchaus manchmal harten und an sich selbst grübelnden Job, immer wieder ein Zuhause bauen, in dem man auch mal seine nicht so perfekten Seiten zeigen kann. Alles in allem, einer der besten Schritte ins Ungewisse in meinem Leben! Und ich kann es nur an alle aus dem Bauch heraus zurufen, es lohnt sich immer, sich zu trauen! 🙂

gez. Leah Marzloff