Zugegeben, dies ist ein Beitrag, der sich vermutlich eher an Großstädter:innen richtet und auch sehr persönliche Beobachtungen beinhaltet. Auf der anderen Seite zeigen viele Gespräche, auch im Treppenhaus oder mit den Kolleg:innen, dass man nicht der/die Einzige mit solchen Eindrücken ist. Es geht, ganz subjektiv, um unser tägliches Miteinander.
Die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen, wie das Masken tragen oder die allgegenwärtigen Durchsagen in Kaufhäusern oder Supermärkten („bitte halten Sie Abstand, vor allem in der Kassenzone“), in den öffentlichen Verkehrsmitteln (so alle 2 – 3 Stationen mindestens), haben sicher ihren Anteil. Eine gewisse Genervtheit gegenüber allen und jedem macht sich breit. Nun reagiert ja jeder und jede anders, die einen laut meckernd mit Einkaufswagen, Kinderwagen oder Rollator, eher wie ein Schneepflug agierend, durch die Gänge laufend. Andere ziehen, pikiert mit Nase rümpfen und leicht elitärem Blick ihre Geringschätzung kaum verhehlend, ihre Kreise. Wiederum andere nutzen die Gelegenheit, immer wieder belehrend auf Regelverstöße aufmerksam zu machen, wie man das halt so macht, in der Regel anklagend und einen Tacken zu laut, damit es auch jeder in der Nähe mitbekommt. Meine persönliche Lieblingsgruppe sind die Menschen in der U-Bahn, die sehr kreativ Sitzordnungen ausprobieren, die möglichst viele Plätze besetzen, um größtmöglichen Abstand einzuhalten.
Man kann den Eindruck gewinnen, dass die Menschen, die im Winter und Frühjahr das Toilettenpapier gehamstert haben, nun eine Art Dauer-Überlebenskrieg führen. Für einen selber ist es tagtäglich der „Gute Laune Test“. An guten Tagen denkt man sich einfach, okay der Mensch passt auf sich auf und in 3 Stationen bin ich raus oder alternativ, ich nehme eine andere Kasse. An schlechten Tagen möchte man schreien: „Lass Dich impfen Du Wurst, dann haben wir es hinter uns“.
Vermutlich steckt aber viel mehr dahinter. Eine Haltung, die ausdrückt, wie sehr der Respekt und die Zuneigung zu seinen Mitmenschen gelitten hat, in den letzten 24 Monaten und wie sehr wir uns alle wieder ein bisschen mehr auf das Positive konzentrieren müssen. Sobald es geht, wird eine ehrliche, freundliche Geste wohl oberste Bürger:innenpflicht. Alle anderen können ja dann wieder Falschparker:innen anzeigen.
Etwas unsicher, ob man den Text so schreiben kann, habe ich ihn einer Kollegin gezeigt. Diese war sich erstmal sicher, dass Ribbon-Freunde und -Freundinnen sowieso nicht zu der beschriebenen Klientel gehören. Außerdem wird das Thema auch schon unter Soziologen diskutiert.