Ich bin mal wieder dran, mit einem Blog für unseren Newsletter. Ich komme mir schon vor wie ein weltberühmter Autor, leider nur in einer Phase mit Schreibblockade. Und jetzt auch noch zum 1. Advent. Was Besinnliches, was für die Tränendrüse, was über den Kommerz zu Weihnachten? Darf mein Chef mich überhaupt zu so einem Blog verpflichten?
Nachdem ich mich nun schon an der Bahn-Station in richtig schlechte Stimmung reingesteigert habe, Kopfhörer auf und rein in die Bahn. Und dann auch noch diese Geschichte:
Mir gegenüber setzt sich so ein Typ hin: Schwarze Haare, Homie-Jeans oder so, Capy und irgendwas zwischen Bart und Flaum am Kinn, so genau habe ich das nicht erkannt. So ein Typ, bei dem man sich fragt, womit verdient der wohl sein Geld. Schublade auf, Typ rein, passt! Bequeme Lösung, dachte ich da noch, wenn es mit dem blöden Blog-Thema nur auch so einfach wäre.
Eine Station später hatte ich was gelernt und Sie einen Blog zum Lesen
Da stand sie, die gnadenlose Schubladenkillerin, in Form einer Dame, eine süße alte Dame, wackelig und irgendwie etwas eingeschüchtert, zwischen all den anderen Menschen. Und dann dieser Typ, also der in meiner Schublade, der, der alle meine Vorurteile erfüllte und vermutlich noch weit mehr als ich kannte…. Der Typ also, der stand doch tatsächlich auf, dreist und frech, und bot der Dame auch noch seinen Platz an! Als EINZIGER! Einfach mal so…ECHT JETZT?! Wie selbstverständlich, was es noch schlimmer machte!
Erst guckte ich verschämt auf den Boden, dann suchte ich hektisch nach weiteren alten Damen, die ich zwingen konnte, mit mir den Platz zu tauschen. Ich hatte versagt, ich hätte es sehen müssen… Also suchte ich Eltern mit Kindern, jemand mit einer Gehhilfe oder wenigstens schwerem Gepäck. Aber nichts! Einfach keine relevante Zielgruppe in Sicht. Sie hat Schuld, diese Schubladenkillerin, sie hat mir das versaut… wäre sie nur nicht in diesen Wagen eingestiegen oder wäre der Typ etwas mehr so gewesen, wie ich ihn vorverurteilt habe oder hätte ich nicht an diesen Blog gedacht und bessere Laune gehabt. Na, jedenfalls wäre ich aufgestanden und die Anderen hätten sich geschämt.
So oder so wurde mir mal wieder rechtzeitig zum 1. Advent klar, meine Schubladen sind ziemlich fehleranfällig, mit schlechter Laune bin ich nicht der Mann für gute Taten und die Gefahr von Jedem in der U-Bahn vorgeführt zu werden, steigt parallel mit dem „Schlechte-Laune-Index“.
Autor: Nick Umbach