Ja, nee, ist klar … denkt die eine oder der andere bei diesem Titel. Aber ich möchte heute einen kleinen Einblick geben in die Welt eines (G)Influencers (oh wie ich dieses Wort hasse). So casual ist das nämlich gar nicht. Und damit willkommen zum Casual Friday Nummer 29.

Berufswunsch YouTuber

Wenn man sich so umhört bei den Kids (Alterspanne von 8–20, mal grob gesetzt auf Basis meiner Erfahrungen), so kann man immer öfter Berufswünsche wie YouTuber und Influencer hören. Der Feuerwehrmann, Polizist, oder im noch jüngeren Alter Müllmann hat ernsthafte Konkurrenz bekommen.

Auf Nachfrage was denn der Kanal so bringen werde wenn es soweit ist, kommt schnell die gleiche (und oft recht unreflektierte) Antwort. Die Konversation ist meistens ungefähr so:

„Was willst Du denn als YouTuber genau machen?“ – „Also ich denke da an so einen Channel, bei dem ich Videospiele streame, und auch Handys und Tablets auspacke und bespreche.“ – „Und bist du besonders gut in einem Spiel?“ – „Nee, nicht wirklich.“ – „Sprichst Du denn gerne in eine Kamera oder wirst gerne fotografiert? Oder moderierst Du gerne?“ – „Nee, bloß keine Fotos.“ – „Und welchen Teil von dem Job willst Du dann machen wenn alles nicht wirklich passt?“ – „Ähh, also ja, … mmmh … stimmt. Vielleicht ist das doch gar nicht ganz so gut als Idee.“ – „Und hast Du genug Geld, um dir die Gadgets zu kaufen, die Du besprechen magst?“ – „Nee, aber die bekommt man ja zugesendet …“ – „Ah. Von wem?“ – „Firmen.“ – „Handel oder Hersteller?“ – „Weiss ich nicht? Ist das wichtig?“ – „Vielleicht, wie werden die denn auf dich aufmerksam?“ – „Naja, durch meinen Channel.“ – „Und was ist da drauf wenn Du noch nichts bekommen hast, weil die dich noch nicht entdeckt haben?“ – „Mmmmh …“ Den Rest sparen wir uns. Es kommt dann nicht mehr viel. Meistens.

Kostenlose Vorschusslorbeeren gibt es nicht

Investieren ist der erste Schritt

Eins ist klar: Niemand verschenkt etwas. Ausnahmen bestätigen manchmal die Regel. Ich habe Ende 2015 begonnen mich auch schriftlich zu meiner Gin-Entdeckungsreise zu verewigen. Erst in einem Blog, dann ab Ende 2016 auch auf Instagram. Ab 2017 sogar täglich, inzwischen ca. 5 Tage mit ca. 10–15 Beiträgen pro Woche. Die Website habe ich in der Zeit 2× reauncht, Stand heute ist alles nur noch auf Englisch, nicht meiner Muttersprache. Parallel habe ich Videos gemacht, zwei Notizen-Bücher veröffentlicht und habe von vielen Events berichtet.

Nicht Hundertausende Follower, aber eine loyale Gruppe an Mitlesenden

Selbst gekaufte Dinge kann man unabhängig beurteilen

Meinen Gin habe ich von Anfang an selber gekauft, oder zum Geburtstag von Familie und Freunden bekommen. Das ist in großen Teilen auch heute noch so. Über diese Einkäufe habe ich berichtet. Sie probiert, Fotos gemacht, geschrieben. Alles in meiner Freizeit. Manchmal war das eine tolle Sache nach einem langen Tag nach hause zu kommen und in Ruhe ein Bild aufzubauen und zu fotografieren. Als Belohnung gab es den Gin Tonic. Manchmal auch nicht, weil ich nur Zitronenlimonade als Fotoflüssigkeit genommen habe. Wenn ich mir schon Notizen gemacht habe muss ich nicht jedes mal auch trinken was ich beschreibe. Andere haben da eine andere Auffassung und sagen nur der Echte Drink zählt. Das hat schon wilde Diskussion gegeben in der „Szene“.

Ein Tagebuch mit Influence

Meine Texte schreibe ich als eine Erinnerung für mich selber. Wie schmeckt etwas, womit kann man es kombinieren, was ist die Story. Und so kann jeder einen Einblick bekommen. Das, was viele schätzen gelernt haben ist die Tatsache, dass ich bei GinGinGin.de keinen Marketingkram schreibe. Copy und Paste von Werbetexten machen andere. Das interessiert mich nicht. Da gebe ich den Link auf die Website. Wenn mir eine Gin nicht gefällt sage ich warum. Wenn doch, dann auch. Das verstehen Leute, die mitlesen und haben inzwischen meinen Geschmack raus. Kaufen ein, weil sie mir vertrauen, oder lassen es auch mal. Nach der Urdefinition des Wortes bin ich also ein Beeinflusser, a.k.a. Influencer.

Die Reihenfolge ist hier nicht unwesentlich: Ich habe meine Meinungen gebildet, publiziert, bebildert. Dann kamen Leute und haben das ganze für gut oder nicht gut befunden, sind in den Dialog getreten, haben gesagt ich will da mehr von lesen („Ich folge dem mal“). Und dann kamen die ersten Marken, die merkten, dass da jemand intensiv Gin ansieht, probiert und darüber schreibt.

Arbeit wird irgendwann wahrgenommen

Die erste Marke, die mir eine Flasche zur Verkostung und Besprechung zusandte war apostolesgin.de ein Gin aus Argentinien. Nach 15 Monaten Ginbloggen und 3–4 Monaten Instagram. Am Tag darauf ein Gin von Burgen Drinks, den es so nicht mehr gibt. Dann 4 Monate nichts. Dann ein wirklich lahmer Gin. Nur Bullshit-PR, kein gutes Produkt. Ich habe nie genau gezählt wieviele Gins mir zugesandt wurden, nicht einmal für diesen Post. Aber bis heute sind es wohl kaum 10%. Die Annahme bei allen ist allerdings, dass ich höchstens 10% kaufe. Den Apostoles, den wir ja auch schon im Casual Friday hatten. habe ich zum Beispiel inzwischen mehrfach nachbestellt. Weil er gut ist, weil ich dann auch gerne gute Sachen verschenke.

Öffentliche Statistiken via Socialblade.com

Neulich hatte ich eine Woche, in der kamen 21 Flaschen bei mir an. Innerhalb von 11 Tagen. Samples. Teilweise ungefragt, immer unaufgefordert. Das klingt nach viel und ich bekomme auch mehr und mehr dieser Anfragen. Bei 11400 Followern auf Instagram bekommt man die Ehre in Presseverteiler zu rutschen. Das hat nun vier Jahre gedauert. Kaufen tue ich immer noch. Auch biete ich meisten an die Produkte zu bezahlen. Meistens? Wenn ich nicht weiss was es ist, danke nein, ich bin nicht die Wohlfahrt für irgendwelche neue Ginentrepreneure. Ist etwas gut, kaufe ich es auch nach oder empfehle es.

Aufwand als Influencer pro Tag

Mal Butter bei die Fische: Ich schreibe diese Kolumne. Ohne viel Nachbearbeitung, man mag mir die Rechtschreibung und Tippser nachsehen, gerne Hinweise, ich verbessere immer gerne. Sie können sich vorstellen, dass das mal eine Stunde dauern kann, oder auch länger, so wie letzte Woche wenn ich recherchiere. Einmal pro Woche.

Instagram Posts und Stories produzieren

Fünf Tage Posts auf Instagram. Aufbauen, Bilder schießen, Bildbearbeitung, Aufräumen, Einkauf für Deko/Garnish mal nicht berücksichtigt. Im Schnitt pro Bild 10–20 Minuten. Ich mache die In Batches von 5–20 Bildern, um das überhaupt sinnvoll hinzubekommen. Manche sind flott, manche dauern. Zwei brauch ich so am Tag. Dann Text schreiben, mitunter mal 5 Minuten, mal 25. Je nach Länge und Recherche. Sagen wir mal im Schnitt pro Instapost also 30 Minuten.

Dann jeden Tag auf Kommentare antworten und noch andere Dinge wie Umfragen und Co. Passiert nebenbei auf der Couch, in der Bahn, in der Pause, an der Kasse in der Warteschlange. Netto kommen hier bestimmt 2 Stunden zusammen, manchmal mehr, insbesondere wenn etwas zu einer Diskussion wird. Meine Benachrichtigungen sind seit Jahren aus am Telefon, das würde nur noch piepen.

Blogpost schreiben, Tasting, Fotos machen

Dann schreibe ich noch die Blogposts. Ein paar Beispiele: Für Reviews mache ich Telefon/Skype-Interviews: von 45 bis 90 Minuten, je nach Vorlauf und Abstimmung. Dann wieder Bilder, und recherchieren, schreiben. Locker 90 Minuten. Davor muss ich probieren, Tastingnotizen schreiben, eventuell (schaffe ich nicht immer, kostet auch echt Geld) mit diversen Tonics vergleichen. Das kann auch eine Stunde sein mit Tonics. Nur der Gin, je nach Tag auch nur 10 Minuten, aber das einmal morgens (frische Geschmacksknospen) und abends.

Und ja, ich trinke den Gin nicht beim Verkosten, mal am Abend, aber ich kann kaum meiner normalen Arbeit mit einem kleinen Gin-Tasting zum Frühstück nachgehen. Das denken auch nur die wenigsten.

Alkohol als Content und die Herausforderung

Zwei Jahre hat es gedauert bis ich überhaupt begonnen habe zu bloggen. Mir war das Thema Alkohol als Zentrum meiner Aktivitäten aus nachvollziehbaren Gründen immer suspekt. Ist es noch heute. Und so bin ich froh, nicht alles trinken zu müssen. Manche Produkte möchte man auch nicht austrinken. Nicht alles ist toll. Schon gar nicht nur weil es eine kostenlose Probe war. Mein Kunpel sagte neulich: „Oh, den haste geschickt bekommen? Na viel Spaß damit …“ und das war pure Ironie mit einem Schuß Sarkasmus. Am Ende ist die Zusendung von Flaschen, zumindest bedingt, eine Verpflichtung zu tasten und Feedback zu geben. Aber mal ganz ehrlich: Wer das Regal mit meinem Gin im Bild oben sieht, der weiss auch, dass man das nicht alles trinken kann. Also ich nicht mehr in meinem Leben. Wird Zeit Tastings anzubieten.

Summe der Aufwände

Sie merken schon, es geht hier um Stunden pro Tag. Zeit, die ich nicht mit Freunden und Familie verbringe. Zeit, die mir für andere Dinge fehlt. Nun plane ich noch einen Podcast über Gin, und will mich in andere Spirituosen einarbeiten. Also noch mehr Zeit. Warum mache ich das?

Kontakte und Geschichten zu guten Produkten sind die Währung

Für kostenlose Flaschen? Nein, weil es mir Spaß macht gute Dinge zu finden, die Leute dahinter kennenzulernen. Mein Netzwerk im Spirituosenumfeld wächst und ich bin froh, dass Firmen wie Fever-Tree und De Kuyper / Rutte bereits erste echte bezahlte Kooperationen angeboten haben. Das kann sich weiterentwickeln. Zunehmend schneller, auf einer gesunden Basis, immer entlang meiner Passion, entlang hohen Qualitätsansprüchen. Nie als „Sell-Out“. Da gab es bereits viele Angebote, die aber alles andere als gut für meine Marke GinGinGin sind. Die nicht meinem Verständnis entsprechen.

Aufrichtig und fleißig sein ist ein Rezept

Mein Tipp für Nachhaltiges und wirklich ernstgemeintes Arbeiten in diesem Umfeld, nicht nur Spirituosen, ist ehrliche und fleißige Arbeit. Ich bin transparent, mache nicht jeden Mist mit, stelle Regeln auf, die ich allen Produktanbietern zusende, lasse mich so wenig wie irgend möglich beeinflussen von Samples, mache mein Ding. So ist die Sammlung von 300+ Gins entstanden, die 800+ Instagram-Posts, die drei Websites, die zwei Bücher, die Tausende von Stories, die Zehntausende Kommentare und Nachrichten. Nicht, weil man etwas geschenkt bekommt.

Und ich freue mich in 2020 einen Folgebeitrag zu schreiben, der die nächste geplante Stufe beschreibt. Versprochen. Feedback und Fragen wie immer gerne an mich per Instagram oder E-Mail (cheers@gingingin.de).

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Cheers und Ginsalabim,

Jan von GinGinGin.de

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