Unangenehme Gespräche und abgeleitete Handlungen daraus waren von jeher in Führungsseminaren ein echtes Thema. In den guten alten Zeiten gab es Probleme wie: „Mein Kollege riecht unangenehm“ oder „Er telefoniert so laut“. Schon damit konnte man locker in einem Führungs- oder Kommunikationstraining einen Tag verbringen.
Heute geht es um handfestere Themen, ein Kollege / Mitarbeiter postet in den sozialen Themen menschenverachtende Thesen. Er äußert sich in „halbprivaten“ oder geschlossenen Gruppen negativ über seinen Arbeitgeber, Kollegen oder die Produkte oder …, oder…, oder…! Durch die digitale Kommunikation verschieben sich Grenzen; die Grenze zwischen privat und beruflich verschwimmt und verschwindet manchmal ganz.
Regeln von gestern sind da oft – wie der Name schon sagt – von gestern. Früher konnte man sich noch einfach zurückziehen und sagen, was der Kollege, Mitarbeiter in seiner Freizeit macht ist seine Sache. So einfach ist es heute nicht mehr. Mitarbeiter werden plötzlich absichtlich, aber ungewollt zu Influencern.
Ein Praxisbeispiel:
Ein Kunde rief an und war etwas hilflos. Der Inhaber eines CC Dienstleisters, wurde informiert, dass eine kleine Gruppe seiner Mitarbeiter stolz Transparente hochhielten, auf denen sie bestimmten Bevölkerungsgruppen den Tod wünschen. Die Fotos wurden im Netz gezeigt und waren auch in der Lokalpresse abgedruckt. Nun arbeiteten diese Kollegen auch noch für ein Kundenprojekt, dass im erweiterten kirchlichen Umfeld tätig ist. Was tun? Meinungsfreiheit? Freizeitvergnügen? Imageschädigend? Oder vielleicht sogar umsatzschädigend?
In Zeiten, in denen persönliche Verunglimpfungen von Politikern in Berlin von Gerichts wegen erlaubt sind (Berufungsverfahren läuft), ist das wachsweicher Boden, auf dem sich Unternehmen bewegen. Die Gesetzeslage hinkt der Realität – nach Ansicht vieler Juristen – locker um ein Jahrzehnt hinterher. Die internen Regeln in den Unternehmen leider auch!
Natürlich kann ein Blog hier auch keine Rechtssicherheit schaffen, aber es gibt Indizien wo die Grenzen liegen. Das Wichtigste zuerst:
- Sprechen Sie das Thema offensiv an! Machen Sie klar, wo und wie sich das Unternehmen positioniert hat. Wenn diese Positionierung im Unternehmen noch diffus ist, dann kommt das Unternehmen nicht drum herum, es auf die Agenda zu nehmen.
Die Grundregeln lauten:
- Arbeitgeber, Führungskräfte und Arbeitnehmervertretungen sind der Wahrung des Betriebsfriedens verpflichtet.
- Da sich ganz sicher mehr als 95% aller Kollegen und Mitarbeiter innerhalb der Normen bewegen, schützen Sie auch diese Kollegen mit konsequentem Handeln.
Hier ein paar praktische Tipps aus der Praxis
- Bei solchen Themen sind Arbeitnehmervertretungen oft natürliche Verbündete, stimmen Sie sich dazu ab.
- Schaffen Sie intern Regeln, nach denen diese Themen geahndet werden können, bevor der Fall eintritt. Oft sind die Wegezeiten in einem Unternehmen besser geregelt als der Verhaltenskodex im Umgang miteinander.
- Eine Beleidigung im Netz ist ein Straftatbestand, Sie sind dagegen nicht machtlos (https://anwaltauskunft.de/magazin/leben/internet-neue-medien/was-gilt-bei-beleidigungen-im-internet).
- Schützen Sie ihr Unternehmen und Ihre Kollegen! Einzelfälle, die sich im Netz oder in der Öffentlichkeit abspielen, sind im Unternehmen und ggf. darüber hinaus bekannt, diese diskret unter den berühmten Teppich zu kehren ist die falsche Taktik. Denn schweigen wird fast immer als Zustimmung gewertet (https://www.impulse.de/recht-steuern/rechtsratgeber/auslaenderfeindlichkeit-kuendigung/2102747.html).
Mit diesen Schritten bringen Sie diese Themen ans Tageslicht und auf die Agenda. Von dort aus werden sich Lösungen ergeben. Das Schlimmste ist, wenn das Thema geleugnet wird.
Zum Schluss noch mal zu unserem Praxisbeispiel:
Wir haben dem Dienstleister empfohlen, den Kunden zu kontaktieren und seine Meinung einzuholen. Alleine dieser Schritt hat dem Kunden größten Respekt abgenötigt, er hatte den Eindruck, man kümmert sich um ihn. Gemeinsam wurde vereinbart, dass der Dienstleister unter Mitwirkung des Betriebsrates ein Gespräch mit den Mitarbeitern führt und klar macht, dass im Wiederholungsfalle der Kunde auf eine Herauslösung aus diesem Projekt drängen wird. Eine Versetzungsgarantie könnte nicht gegeben werden. Zu diesem Wiederholungsfall ist es aber nicht gekommen.
Autor: Thomas Hohlfeld