Eigentlich finden sich meine Beiträge ja eher in der Rubrik Casual Friday oder auf meinem Blog GinGinGin.de … eigentlich. Heute habe ich nämlich mal ein anderes Thema, rund um Marken und deren Bausteine Dienstleistung und Outsourcing, also mein Day-Job-Thema sozusagen.
Die Suche nach einer YouTube-Bar
Für GinGinGin ist eine Erweiterung in Form von Videos geplant. und auch ein neues Projekt LiquorLabs.tv steht an. Dafür brauchte es eine Kulisse, die idealerweise auch noch so eine Funktion bekommt. Also machte ich mich auf die Suche nach einer „Filmbar“. Gar nicht so einfach, denn das ist keine handelsübliche Möbelkategorie. Auch „Youtuber-Küche“ bringt eher weniger Suchergebnisse, die weiterhelfen. Wen wundert es. Wobei … mal sehen wie die Suchergebnisse in zwei Jahren aussehen.
Bestellung? Pflicht! Aber hübsch kaschiert …
Nun entdeckte ich eine Kücheninsel bei IKEA, die für meine Zwecke gut einsetzbar sein könnte. Besuch in Hamburg-Altona, angesehen, Probevideos direkt im Ausstellungsraum gedreht, für gut befunden. Top. An dem Tag hatte ich nun keine Zeit mehr und war mit dem Rad da. Mitnahme also ohnehin undenkbar. Also checkte ich am Wochenende nochmals die Verfügbarkeit, um die Insel abzuholen. Uuups, HH-Altona: Nicht verfügbar. HH-Schnellsen: Nicht verfügbar. HH-Moorfleet: Nicht verfügbar. Mmmh, okay, weiterer Kreis also. Kiel: Nicht verfügbar. Großburgwedel bei Hannover: Nicht verfügbar.
Online-Only Artikel sollte man auch so ausweisen
Also recherchieren. Ergebnis: Man kann diesen Artikel nur bestellen und dann liefern lassen. Warum ist das nicht gleich auf einer Website angegeben? Wieso muss ein Kunde erst einmal div. Orte durchtesten? Warum eventuell ein paar Tage lang? Bei anderen Artikeln macht das ja Sinn, aber so kommt man sich schon eher verschaukelt vor.
Erster Optimierungspunkt also diese Artikel auch als Bestellartikel auszuweisen. Auch im neuen Interface der Website sind noch irreführende Abfragen zu den Einrichtungshäusern möglich. Das klare Anzeigen spart Zeit und Frust. Und Frust und Zeitverschwendung ist wohl kaum das, was eine Marke wie IKEA mit sich assoziiert wissen möchte. Immerhin ist in den vergangenen Jahren extrem an der QS gearbeitet worden so mein Gefühl, weil ich nicht mehr weiss wann jemals die angeblich letzte Schraube fehlte.
Also bestellen. Grmpfh. Das wird „teuer“ und nervig. Nix da mit selber eben hinfahren und nach 60 Minuten alles vor Ort haben. Vom Zusatzpreis mal abgesehen. 59 EUR soll ich für die Speditionsanlieferung nochmal extra zahlen. Na denn.
Zustellfenster-Roulette
Bestellvorgang gestartet: Zeitfenster Samstag 7–14 Uhr. Ähem, nee, echt nicht. Also einen Tag gewartet und dann geordert. Jetzt ist das Fenster Mittwoch von 14–21 Uhr. Okay. Ein Zeitfenster, dass nicht anders planbar sei, aber man ruft an, um direkt vorab nochmal anzukündigen, dass man komme. Aha, na gut. Die Erfahrung sagt einem, dass man mit solchen Hinweisen lieber nicht planen sollte, also mal einfach einen Tag blocken und sich nicht wegbewegen.
Warten auf … bzw. Vorfreude verlängern
So, der Tag is gekommen, die Vorfreude riesig, vielleicht klappt es ja schon gleich früh zu Beginn des Fensters und ich kann direkt aufbauen?! Oh das wäre was … Naja, jetzt ist ja auch Rush-Hour, da kann es noch dauern. … Dann schon mal das Abendessen absagen per Telefon. … Ach schau mal der Sonnenuntergang. … Netterweise warte ich nicht alleine, sondern bin in guter Gesellschaft im Büro. … Tagesschau schauen? Ach nö, ist ja auch so nett zu quatschen. … mal wieder ein Blick auf die Uhr …
20:50 Uhr
Also wenn die ca. 30–60 vorher anrufen wollen, dann wird es rein rechnerisch eng bis 21 Uhr. Also schon mal versuchen den Spediteur zu ergooglen, denn die IKEA Hotline ist nur bis 20 Uhr von Menschen, und nun nur noch von der schwedisch anmutenden Robostimme besetzt. Bei der Spedition ist ebenso keiner mehr da, auch nicht wenn ich im Menü einfach mal nicht den IKEA-Pfad einschlage. Tja, also noch warten? Besser ist es wohl …
21:24 Uhr
Zeit den Heimweg anzutreten. Noch schnell ein Screenshot meiner Location zum Zeitpunkt des Büroverlassens von der MOIA App und schnell heim, damit ich Morgen frisch und ausgeruht für die Hotlines bin.
Hotline-Robo-Talk
7:56 Uhr
Warum habe ich ernsthaft geglaubt, dass da jemand früher rangeht?
8:04 Uhr
Nach ein paar Touchtone-Weichen habe ich eine freundliche Mitarbeiterin von IKEA am Ohr, die mich fragt welche Frage ich zur Bestellung habe. „Wo diese z.B. sei.“ antworte ich Ihr mit einem augenzwinkernden Ton (wie sich das wohl anhört fragt sich jetzt sicherlich die eine oder der andere). Danach wirbelt Sie los, und entschuldigt sich sofort. Sie würde sich sofort informieren, denn es gäbe kein Update so weit im System.
8:21 Uhr
Die Bordwand im Laster sei kaputt gegangen oder so. Beim Kunden direkt vor mir. Das sei kein Grund irgendwie nicht anzurufen, aber es täte Ihr sehr leid, dass es so gelaufen sei. Es kläre sich asap wie man einen Termin nachholen könne. Ich bekomme so schnell es geht einen Anruf. … Das war schon mal super. Freundlich, kompetent, entwaffnend. Hier habe ich mich wirklich gut verstanden und behandelt gefühlt.
Lösung und Smiles
8:29 Uhr
Zu Beginn des Gespräches habe ich mein okay gegeben das Gespräch zu bewerten. Also geht nun der Robovoice auf Schwedenstyle Anruf ein und stellt mir sechs Fragen. Auf der Nummer, die ich eben verwendet habe, um mit der Hotline zu telefonieren. Ich gebe gerne 9 und 10 von 10 in den Bereichen, die die Mitarbeiterin bewerten. Nach 90 Sekunden bin ich durch.
ca. 9:06 Uhr
Robo-Swede ist wieder dran, diesmal auf meinem Handy. Ich habe ja zugestimmt mein Feedback zu geben, dies sei die Chance dazu. Aha, nee, danke, doppelt gilt nicht. Aufgelegt.
ca. 9:08 Uhr
Nicht mit mir dachte sich der Bot mit der leicht säuselnden Stimme und versucht es wieder. Oh nee, oder? Wie oft wird das jetzt gehen? Also nochmal mit schnellen Tastenklicks durch das Feedback. Bestzeit. Nur noch 62 Sekunden. Hoffentlich haben die nicht noch mehr Nummern von mir. Vielleicht war es auch nur ein Test oder die Gegenprobe, ob ich die Daten wirklich ernst meinte. Oder bei 9er und 10er Bewertungen wird mehrfach angerufen, weil es den Schnitt hebt. 😉
später am Vormittag
Nun habe ich einen anderen Kundenserviceler von IKEA dran, der mit mir den Ersatztermin regeln will. Leider hat er die Info aus Hamburg nicht mehr bekommen, dass hier Cruise-Days sind. Soweit kein Thema würde zu dem Event nicht auch das Büro hier vom Verkehr abgeriegelt werden.
So berichte ich kurz wie es so aussieht, dass noch zwei Stunden seien, um hier noch eine Zufahrt zu haben und dann wieder ab Montag.
Er telefoniert und ich warte …
Montag geht, 7–14 Uhr. Aber er habe geklärt, dass das Fenster wegen des Vorfalls kleiner sei. 8–10:30 Uhr sei die Info der Spedition. So kann ich das organisieren. Scheint doch noch alles gut zu werden. IKEA hat also alles abgefangen was aus meiner Sicht als Kunde ging. Ein Beigeschmack bleibt vorerst noch. Warum kein Pickup im Store? Geht auch bei Saturn, MediaMarkt, anderen Möbelmärkten. Mein passender Kühlschrank steht bei Saturn und freut sich auf spontane Abholung …
Zweiter Anlauf: Montag Morgen
7:44 Uhr
Man will ja nichts riskieren. So bin ich am Büro, mit 16 Minuten Spiel. Auf den letzten Metern will ich ja nichts mehr riskieren. Halb „Ginstagram“ fiebert inzwischen der Bar entgegen. Sowas teasere ich nie wieder an denke ich mir.
7:48 Uhr
Anruf einer unbekannten Nummer. „Hallo.“ – „Moin moin! Persiel, geht es um die IKEA Lieferung?“ – „Ja, genau. Hier steht GmbH. Wann machen Sie auf?“ – „Ich bin schon da.“ – „Okay wir sind in 30 Minuten da.“ – „Toll.“ – „Wo ist das?“
– Jetzt wird es etwas weird finde ich.
„An der Ecke zur Dietmar-Koel-Straße. Die Straße parallel zur Elbe, genau auf Höhe des Segelschiffs Rickmer Rickmers, aber nicht auf der Wasserseite, sondern in dem gelben Haus auf der Seite wenn man aus der City kommt am Wasser entlang.“ – „Kenne ich nicht. Also Landungsbrücken?“ – „Ja, das passt schon mal grob.“ – „Okay ich rufe nochmal an wenn wir da sind.“ – „Sonst geben Sie die Adresse doch mal bei Google Maps ein, dort sieht man das dann auch gut.“ – „Mmmh.“
Anmerkung der Redaktion: Keine Garantie auf vollständige Wiedergabe.
Zustellfenster weite Dich
8:16 Uhr
„Hallo.“ – „Hallo!“ – „Wir kommen im Laufe des Tages. Okay?“ – „Wie bitte? Was bedeutet das denn?“ – “ Ja, wir waren ja schon mal da um 7:20 Uhr. War keiner da. Jetzt sind wir ja in Poppenbüttel.“
– Ja, warum, so fragte auch ich mich hier liebe Mitfiebernde, fragt man wo das ist, wenn man schon da war? Warum ruft man an und sagt man ist gleich da, aber erst beim angeblich zweiten Durchgang? Warum ist man statt hier in Poppenbüttel, also 20km feinsten Montagmorgen-Stadtverkehrs entfernt? … egal.
Die Diskussion geht hin und her, ich bleibe hart, denn die Umstände und Planung ist diesmal enger als dass ich nochmal sieben Stunden einplanen zu könnte. Hoffnung habe ich nur so mittelmäßig.
9:58 Uhr
Klingeln. Leben im Fahrstuhl. Die Lieferung ist da. Wow, ging also doch. Danke sehr. Die Hoffnung stirbt zuletzt, und diesmal gar nicht. Whoop whoop!
Marke sei achtsam
Jeder hat seine Liefer-Stories. Jeder kennt diese Probleme. Leider ist eine solche Geschichte oft noch viel langanhaltender, kann mehr Nerven kosten etc. Ich hatte also noch Glück im Unglück. Und: Die Kartons sind unbeschädigt, alle Schrauben sind da, alles passt, die Bar steht. Alles gut soweit.
Mir geht es hier auch nicht um irgendein Bashing, Leidbekundung oder Comedy. Vielmehr ist das Ganze hier ein Beispiel dafür wie sehr eine Firma, eine Marke, mit Outsourcing die Kontrolle verlieren kann. IKEA schult seine Mitarbeiter meines Wissens nach intensiv zu diversen Themen, aber die Schulung geht wahrscheinlich nicht bis zu den Dienstleistern. Ich vermute da eher eine Richtlinie oder Dinge, die erwartet werden im Outsourcing-Vertrag. Aber was wenn das nicht eingehalten wird oder werden kann?
Kontrollverlust durch Outsourcing
Hier hat die Marke, die mir die Lösung für mein Problem gebracht hat, eine passende Bar zu finden, eine echte Macke bekommen. Es ist egal, ob es hier nur ein Subunternehmen war, dass Dinge von extremer Vorfreude auf ziemlich-genervt-sein hat abrutschen lassen. Gefühle und Emotionen machen nämlich keine Vertragslagenanalyse. Und Marken sind vor allen Dingen eines: aufgeladen, emotional, lebendig wenn sie stark sind. Schade, denn dieser erlebte Dämpfer muss nicht sein. Kommen hier doch verschiedene Dinge zusammen, die wir alle kennen: Kostenersparnis, Logistikprobleme, etc. … hier leider geballt und sich potenzierend. Die Frage, die sich mir stellt: Zu welchen Kosten kauft man hier die Ersparnis ein? Zu welchem Preis für die Marke, nicht nur die Firmenbilanz in Spreadsheets.
Quo vadis Marke?
Was muss nun passieren, um diese Erlebnisse, nicht nur in diesem Fall, sondern generell in Fällen dieser Art, wieder durch Marketing und andere Ereignisse zu kompensieren? Was ist da kaputt gegangen? Was kostet das in Euro? Was kostet das in Clips und Werbung, um mental bei einem Kunden das Ruder wieder herumzureissen? Sicherlich einiges. Wenn es überhaupt machbar ist.
Meine Empfehlung steht oben schon: Erst einmal klare Kennzeichnung der Artikel, dass man das ganze nur online bekommt. Das ist einfach. Und wenn eine Lieferung schon das Thema ist, warum dann nicht auch als Click und Collect? Und wenn das keine Option ist, so ist doch ein Manual und / oder klare Abläufe für die Dienstleister der erste Schritt. Und wenn es die schon gibt, so ist auch die Beachtung eine Sache, die mindestens genauso wichtig ist, vielleicht sogar die Kontrolle wenn notwendig.
Aber noch besser ist es wohl vor Kontrolle die Dienstleister so einzubeziehen, dass diese sich als Teil des Auftraggebers verstehen, als echter verlängerter Arm. Da besteht die Chance sogar doppelt stolz zu sein: Auf die Arbeit für IKEA und für die eigene Firma, die die Verlängerung übernimmt. Leicht ist das sicherlich nicht, aber man muss es auch angehen.
Kundenwahrnehmung ist nicht in Abteilungen unterteilt
Kunden Denken nicht in Subunternehmern. Kunden nehmen gesamtheitlich wahr. Alle hassen DHL, alle hassen Hermes, alle hassen DPD, … irgendwann, irgendwie. Zumindest kann das der Eindrcuk sein, den man bekommt wenn man einmal auf Kommentare in Social Networks schaut sobald jemand über Probleme mit Paketzustellung postet. In kürzester Zeit sind in den Kommentaren noch abstrusere Dinge berichtet, die nicht selten die ursprüngliche Sache weit übertreffen.
Aber warum ist das so? Weil man diese Dienste oft nutzt, und aufgrund von vielen Aspekten immer mal wieder miese Erlebnisse hat. Das liegt oft nicht an dem Zusteller direkt, denn wenn dieser das Paket bei Familie „bitte keine Werbung“ abgibt, dann liegt das daran, dass er z.B. die Sprache hierzulande nicht kann. Wer ist dafür verantwortlich? Wir als Konsumenten, weil wir immer mehr bestellen? Die Firmen, die Logistik anbieten und kaum noch Leute finden, weil Lohn, körperliche Belastung, Arbeitszeiten schlicht von keinem mehr gemacht werden wollen? Vom Anbieter, der sich scheut selber diese Dienstleistung aufzubauen? Die Frage kann hier nicht abschließend geklärt werden, aber sollte sicherlich noch Thema sein in Zukunft.
Schade(n) drum
Schaden nimmt auf jeden Fall immer die Marke des Anbieters, denn der Rest ist nur eine Liefernotiz wer hier ausliefert. So stellt sich mir die Frage: Ist IKEA nicht besser dran seine eigenen Lieferdienste zu betreiben? Oder Leute zu schulen? Oder eventuell die Preise für Zustellungen zu erhöhen, um mehr Spielraum für Schulung und Co. zu geben? Am Ende hätte ich auch noch 30 Euro draufgelegt, wissend, dass es dann besser gelaufen wäre.
Zu guter letzt bin ich happy mit dem Resultat, einer Bar, die nun steht, der Produktqualität und generell der Art und Weise wie dann doch am Ende alles geklappt hat. Im Rahmen der Umstände. Die Welt ist nicht untergegangen, aber ich glaube die Gedanken wollte ich hier loswerden, vielleicht auch, weil sonst nicht so viel Detailfeedback kommt. Und wie Thomas Hohlfeld ja immer sehr richtig sagt: „Feedback ist ein Geschenk!“.
In diesem Sinne wünsche ich reibungslose Bestellungen und Zustellungen. Danke für die freundliche Unterstützung der IKEA-Mitarbeiter und das Bringen der Lieferung durch die Mitarbeiter der Spedition.