Paradoxon Kunde

Es gehört zu unserem Beruf für unsere Kunden viel zu reisen. Meist nutzen wir dafür die Bahn, wenn erforderlich auch mal das Flugzeug, ja leider auch innerdeutsch. Wenn zum Beispiel mal wieder eine Messe die Hotelpreise unerschwinglich macht und die An – und Abreise an einem Tag kostengünstiger für unsere Klienten ist. So auch diese Woche. 

Also nehmen wir den Frühflug, geplantes Boarding 6.30 Uhr. 

Durchsage um 6.40 Uhr: Der Einsteigevorgang verzögert sich, was ja eindeutig richtig ist. 
Durchsage um 7.00 Uhr: Die Maschine ist nicht in Hamburg, macht sich aber auf den Weg. 
Durchsage um 7.30 Uhr: Wir erwarten die Maschine bald in Hamburg.
Durchsage um 7:50 Uhr: Sie ist da, jetzt muss sie noch vorbereitet werden. 

Und wie gehen die Kunden mit dieser Verspätung um?  

Handy zücken, irgendjemanden anrufen, Wortfetzen wie „Du wir haben eine neue Boarding Zeit“, „ich steh hier am Gate hatte den Flight nach…“, „Du der Finger fährt ran“.

Knapp 2 Stunden Verspätung, ca. 25 Passagiere haben ihre Anschlussflüge verpasst, worüber informiert wurde. Der Flug, wie geplante Frühflüge halt so sind. Die Lufthansa nennt ihre Passagiere ja nicht umsonst Sitzladefaktor im Geschäftsbericht. Der war in diesem Fall 100 %, mit für die Airline optimierten Sitzabstand. 

2 Tage später: Hamburg Hauptbahnhof

Ein ICE aus Kiel hatte wenige Minuten Verspätung (an Ende waren es 3 Minuten). Die Anzeige zeigte dies ca. 15 Minuten vor Ankunft an. Wieder muss die Welt auch über diesen Zustand informiert werden. Jetzt klingt das so: 

„Diese (zensiert) Bahn kriegt auch gar nichts hin, hat Verspätung, keine Ahnung wie lange.“ oder auch „das ist so eine (wieder zensiert) …, und so weiter. Schimpfwörter in diesem von Geschäftsreisenden genutzten Zug, da konnte man was lernen. Wie gesagt 3 Minuten Verspätung.  Auch im Zug wurde fleißig weiter gezetert: „Du wir haben schon Verspätung bei der Abfahrt, keine Ahnung wie das weiter geht“ oder „Du kennst das ja, alles ätzend“.

Man fragt sich woran es liegt, dass zwei Marken so unterschiedlich bewertet werden. 

Hier ein paar Möglichkeiten: 

  • Die beliebten Mittelsitze bei der Lufthansa machen den Unterschied, nur mit Mittelsitz ist der Kunde zufrieden. 
  • Wenn am Bahnhof endlich die Preise für Kaffee und Brötchen so astronomisch sind wie am Flughafen, fühlt sich der Kunde wohl.
  • Wenn die Bahnsteige endlich Gates heißen, der Zug „Train“ und wir uns über stairs zu unserem Sitz bewegen, wir also unser kosmopolitisches Denglisch austoben können, dann sind wir bei der Bahn so friedlich wie am Flughafen. 
  • Wenn der Bahn jeden Monat eine neue Komforteinschränkung einfällt, mein Favorit: Die Züge halten auf Außenpositionen und bei Hamburger Nieselregen dauert es 10 Minuten bis man in dem „Train“ drin ist. 
  • Ein Geheimtipp kann auch sein, der Wettbewerb um den nie ausreichenden Platz in den „Gepäckabladefächer über ihnen“. 
  • Was nach eingehender Recherche ausscheidet ist die persönliche Leselampe über ihrem Sitz, den haben beide Mobilitätsanbieter. 

Es kann aber auch einfach sein, dass es zwei unterschiedliche Gesellschaftsspiele gibt. „Bahnbashing“ und das „ich bin wichtig, ich fliege“ Spiel. 

Richtig ist aber wohl, der Kunde ist subjektiv und oft ungerecht. Dies erleben nicht nur Bahn und Lufthansa, das erleben auch Telekommunikationsanbieter, die für Software Themen auf dem Endgerät verantwortlich gemacht werden, Notaufnahmen in Krankenhäusern, die mit Schnupfenpatienten überrollt werden und die „richtigen Kranken“ zahlen dies mit langen Wartezeiten. Diese Liste ließe sich beliebig verlängern. Das einzige probate Mittel ist wohl, die Kommunikation mit dem Kunden. 

Die Bahn könnte ja mal eine Durchsage probieren, die sinngemäß lautet:

„Wir haben den Bahnhof X, Y, Z mit 3 Minuten Verspätung verlassen, in ca. 5 Minuten haben sie keinen Empfang mehr, nutzen sie die Zeit sich über unsere Verspätung bei allen ihren Kontakten zu mokieren. Empfang haben sie dann bei unserem nächsten planmäßigen Halt wieder.“ 

Ein solches Verhalten ist deutschen Unternehmen nicht zu eigen: Augenzwinkern, Selbstironie oder einfach auch nur ein Signal, „wir wissen was ihr denkt“. Auch die Kollegen vom Kundenservice nehmen die Sache halt humorlos ernst. Dabei kann gerade eine Überhöhung von banalen Themen eine Methode sein um „Dampf vom Kessel“ zu nehmen. Die Methode ist anerkannt und bekannt. Für Werber, Blogger und auch manchmal Comedians eine Standardtechnik. Dabei könnten sowohl die Bahn als auch viele Wartetexte in den Servicelines, ein Lächeln durchaus vertragen. 

https://de.wikipedia.org/wiki/Paradoxon#Paradoxien_in_der_Populärkultur

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