Vor einiger Zeit hatten wir hier im Casual Friday ja schon einmal mit einem Produkt zu tun, welches ohne Alkohol daherkam. Dort war die Grundlage jeweils eine Spirituose, der im Nachgang der Alkohol entzogen wurde. Also waren Bitter, Gin, Rum und Wermut dort ursprünglich genau das. Nachdem der Alkohol dann entzogen wurde, machte man sich an die Re-Schärfung, um fehlende Geschmacksnoten wieder auszugleichen.

Beim heute vorgestellten Produkt ist das nicht der Fall. Hier hat die Lantenhammer Brennerei am Schliersee ein Produkt hergestellt, welches Wasserdestillationen als Grundlage hat. In diesem Wasser sind dann die Botanicals enthalten bzw. vorab mazeriert.

Zutaten

Man spricht von Erbsendestillaten, Urwaldpfeffer, Potenzholz, verschiedenen Zitrusfrüchten und Alpenheublumen. Eine genaue Liste ist nicht angegeben im Flyer, aber das ist am Ende auch nicht wichtig, so wie es auch bei einem Gin oder einer anderen Spirituose nicht wichtig ist. Außer man spricht über etwas, wo die Inhaltstoffe wichtig sind. Und wo ist das so? Genau bei Gin. Laut Gesetz gehört in Gin Wacholder (Geschmacklich soll er dominieren), und hier in der EU 37,5 % Vol. Alkohol. In den USA 40 %, in Südafrika 43 %. Der Rest ist nicht wichtig, darf geheim bleiben, aber der Wacholder ist schon das Thema.

Idee des Drinks

Die beiden Gründer von Guilty, Tom Collet und Till Grönemeyer, haben ein Produkt, welches alle Boxen ancheckt an den Start gebracht:\

  • hippes Packaging, wirklich mal wieder eine schöne Flasche und ein tolles Etikettenzusammenspiel.
  • gesundheitsbewusst
  • Gründer-Duo
  • traditionsreicher Hersteller
  • Gin-Referenzen bis der Arzt kommt
  • 0 kcal
  • 0 % Vol. Alkohol
  • 0 g Zucker
  • vegan
  • Im Trend, denn No/Low-Alcohol ist das next big thing sagt die Branche und alle sind irgendwie „dran“, entweder bei der Planung oder in der Entwicklung.

Und auch wenn ich noch immer in der Hoffnung lebe, dass jemand das Thema mal ordentlich angeht, so war bei aller Hoffnung auch dieses Produkt eine Enttäuschung.

Gesundheitliche Positionierung trifft auf Gin-Hype mitnehmen. Klar, sind doch hier die Margen auch ordentlich im Vergleich zu anderen Spirituosen. Man spricht von „Gin-Alternative“, „Geschmackserlebnis auch für Gin-Fans“, „Produktionsprozess identisch mit dem des originalen Gins“. Alles anwaltlich sauber denke ich, aber wirklich in meinen Augen eine fast schon Irreführung der Verbraucher. In diesem Produkt ist laut Liste nicht einmal Wacholder enthalten. Wie ich inzwischen erfahren habe ist doch Wacholder im Produkt verarbeitet.

Geschmack von Guilty

Explizit wird immer wieder „gewarnt“ dieses Getränk nicht pur zu trinken. Warum? Weil es so intensiv schmeckt? Weil es nicht funktioniert geschmacklich? Naja, so schlimm kann es nicht sein, denn spätestens im Shop wird wieder die Option des Purprobierens erwähnt. Auf alle Fälle ist es nicht der Fall, dass er zu intensiv ist.

Nach einem Essen war mein erster Tasteversuch. Es war ein wirklich flacher Geschmack. Es wird 1:2 als ideales Mischverhältnis angegeben, also 1 Teil Guilty, 2 Teile Tonic. Keine Empfehlung nur das Lieblingstonic, eventuell etwas Basilikum. Und siehe da, wenn ich so mische passiert sogar etwas. Jetzt ist der Zucker und das Tonic per se eine Basis, die leichte Modifikationen erfährt.

Getestet habe ich mit Fevertree Indian Tonic, Soda und einem Dry Tonic vom Discounter. Letzteres hat komplett die Kontrolle übernommen, sobald es bitter wird und weniger Zucker im Spiel ist, wird guilty zu schwach scheint es. Beim Soda lenkt nichts ab, aber auch der fehlende Zucker hilt nicht mehr mit. Und beim Indian Tonic merkte man einen leicht hölzernen, und einen blumigen Twist. Mir persönlich passte der Geschmack so la la. Meine Frau war sofort raus. Im Shop ist die Rede von Wacholdergeschmack. Mir kam das nicht wirklich an den Gaumen. Auch der Geruch ist nicht Wacholder-lastig, eher gar nicht. Die Blumigkeit ist eher dominant.

Was ich an einigen Non-Alcohol-Drinks nicht verstehe

Als ich las Erbsen-Destillat, dachte ich: Okay, jemand hat sich mal mit Seedlip’s Garden 108 versucht und das als Basis genommen. Aber nein. Es passt ganz und gar nicht die Produkte zu vergleichen. Und auch die Undone-Range ist anders. Wo Seedlip wirklich eigene Geschmacksnoten entwickelt hat, was Mut und Respekt verlang, ist hier nicht da. Wir haben hier ein ca. 50 €/Liter Produkt, welches ich laut Vorgaben in ca. 7 Longdrinks verbraucht habe.

Warum ist dieses Produkt nichts für Rum oder Whiskytrinker? Warum nur für Gin-Fans? Weil man dort mehr Hype mitnehmen will wie es scheint und auch zu lesen ist beim Recherchieren. Der Eindruck entsteht bei mir zumindest. Dann soll ich als Gin-Mensch das auch kostenlos probieren, nochmal positioniert. Ich habe überlegt hier überhaupt darüber zu schreiben. Aber nun tue ich es und nutze es als Hinweis, was mir an der Branche nicht passt, wie sehr Marketing genutzt wird, um noch mehr Geld zu machen wo es in meinen Augen nicht gerechtfertigt ist.

Wenn man ein neues Produkt entwickeln möchte, was wie ein Gin, nur ohne Alkohol ist, dann bitte zumindest mit Wacholdergeschmack. Aber das ist ja auch bei so manchem New Western Gin ein Thema. Oder das „Gin“ weglassen auf der Kommunikation. Undone bekommt das ansatzweise hin, bei Bitter, Rum und Wermut noch am besten.

Wann stellt jemand eine Non-ABV-Spirituose her, die einfach mal die Konventionen und den Kategorisierungsdrang ignoriert, die gut schmeckt, oder als Mocktailbasis taugt, die auch mal andere Wege geht. So muss man sich nicht wundern wenn man nach einer Flasche keine Wiederkäufer hat.

Hayman’s z.B. hat mit seinem 2019 vorgestellten Small Gin, der im Mischverhältnis so lächerlich ist, dass man den Fingerhut, der zum Dosieren genutzt werden sollte, gleich mitliefert, einen Knaller gelandet. Man destilliert 7 × mehr Botanicals und kann so mit nur ⅕ Gin einen vollwertigen G&T zaubern. Somit auch mit ⅕ der üblichen Alkoholmenge. Nicht 0,0 aber eben auch nicht normale Drinkstärke. Geschmacklich ist der Small Gin nicht vom Original zu unterscheiden. Das ist eine Innovation, die ehrlich ist.

Guilty probieren?

Wer neugierig ist, kann sich gerne informieren auf guiltydrink.com. Dort kann man die Flasche auch bestellen. Viel Spaß beim Probieren oder verschenken der schicken Flasche. Ich warte weiter auf eine echte Innovation in diesem Marktsegment. Schade, dass dies noch keine überzeugende Sache war in meinen Augen.

Cheers und Ginsalabim,
Jan von GinGinGin.de

P.S.
Der Hinweis, dass doch Wacholder enthalten ist und ein kurzer, netter Austausch kam nach Veröffentlichung von Guilty. Schön wenn man auch mit unterschiedlichem Geschmack eine Sprache sprechen kann. Danke sehr.

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